BFH: Keine ermäßigte Umsatzsteuer bei handgefertigten Tattoo-Vorlagen

Umsatzsteuer: Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 20.06.2011, Az. VII B 258/10

Tatbestand:

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zeichnet Tätowiervorlagen für Kunden, die sich entweder im Tätowierstudio seiner Ehefrau oder bei einem anderen Tätowierer nach der gezeichneten Vorlage tätowieren lassen wollen. Seine Kunden wählen zumeist ein Muster aus seiner
Sammlung, welches als Grundlage für die zu zeichnende Tätowiervorlage dient, die der Kläger ggf. nach den individuellen Wünschen der Kunden und unter Berücksichtigung der für die Tätowierung vorgesehenen Körperstelle anfertigt und den Kunden gegen Zahlung des vereinbarten
Entgelts aushändigt.
Mit seiner Umsatzsteuer-Erklärung 2005 berechnete der Kläger die Steuer für die erzielten Umsätze nach dem ermäßigten Steuersatz, während der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) die Umsätze dem Regelsteuersatz unterwarf.
Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab. Das FG urteilte, dass es sich bei den Tätowiervorlagen um gewerbliche Zeichnungen handele, die sich im Wettbewerb mit anderen standardisierten Motiven für Tätowierungen befänden und deshalb nicht als Gegenstände der Pos. 9701 der Kombinierten Nomenklatur (KN) anzusehen seien, für die der ermäßigte Steuersatz gelte.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–) stützt.

Entscheidungsgründe:

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe schon nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

1.

„Ob mit der Hand geschaffene Zeichnungen des Klägers zur Pos. 9701 KN oder als gewerbliche Zeichnungen zur Pos. 4906 KN gehören, somit wirtschaftlich untereinander mit anderen Gegenständen im Wettbewerb stehen und dem allgemeinen Steuersatz zu unterwerfen sind“,

ist zum einen keine abstrakte und deshalb im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern die im vorliegenden Streitfall nach den tatrichterlichen Feststellungen zur Beschaffenheit und zum Verwendungszweck der vom Kläger gefertigten Zeichnungen zu beantwortende Frage. Zum anderen ist diese Frage nur so zu beantworten, wie es das FG getan hat.

Die Lieferung der vom Kläger gezeichneten Tätowiervorlagen unterliegt nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes i.V.m. Nr. 53 Buchst. a der Anlage zu dieser Vorschrift dem ermäßigten Steuersatz. Zu den Kunstgegenständen der Pos. 9701 KN, auf die Nr. 53 Buchst. a der
Anlage verweist, gehören zwar (u.a.) vollständig mit der Hand geschaffene Zeichnungen, jedoch nicht solche der Pos. 4906 KN, also keine (u.a.) als Originale mit der Hand hergestellten Baupläne und -zeichnungen, technischen Zeichnungen und anderen Pläne und Zeichnungen zu Gewerbe-, Handels-, topographischen oder ähnlichen Zwecken. Bei den streitigen Tätowiervorlagen handelt es sich um Zeichnungen der Pos. 4906 KN.

Zwar ist es zweifelhaft, ob der Begründung des FG gefolgt werden kann, soweit es seine Entscheidung darauf gestützt hat, dass von Künstlern handgefertigte Gegenstände, die nach ihrer äußeren Gestaltung vergleichbaren industriellen oder handwerklich gefertigten Erzeugnissen
ähneln, nicht zur Pos. 9701 KN gehören. Denn das FG beruft sich insofern (mittelbar) auf ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 18. September 1990 C-228/89 –Farfalla Flemming– (Slg. 1990, I-3387, Rz 20), der sich mit diesem Abgrenzungskriterium auf die
Anm. 3 zu Kap. 97 (seinerzeit Kap. 99) bezieht, die nach ihrem Wortlaut nur Bildhauerarbeiten betrifft, um die es im Streitfall nicht geht.

Die Entscheidung des FG ist aber jedenfalls im Ergebnis richtig (vgl. zur entsprechenden Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde: Senatsbeschluss vom 8. Januar 1998 VII B 102/97, BFH/NV 1998, 729, m.w.N.). Nach den von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen werden nach den Zeichnungen des Klägers im Tätowierstudio seiner Frau oder in einem anderen Studio Tätowierungen gefertigt. Die Zeichnungen dienen als Vorlage für in einem handwerklichen Betrieb herzustellende Werke, nämlich als Vorlage zur Herstellung von Körperschmuck, und sind damit vergleichbar den in der Pos. 4906 KN aufgeführten Bauplänen und Bauzeichnungen sowie technischen Zeichnungen und Plänen, die den Ausführenden bei der
Herstellung des in Auftrag gegebenen Werks anleiten, und sind somit als Zeichnungen zu Gewerbezwecken oder jedenfalls zu ähnlichen Zwecken in die Pos. 4906 KN einzureihen. Bestätigt wird diese Tarifauffassung durch die Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS), die nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ein wichtiges Hilfsmittel bei der Auslegung des Gemeinsamen Zolltarifs sind: Nach den ErlHS zur Pos. 4906 Rz 02.0 gehören zu dieser Position (u.a.) auch Entwürfe für Schmuck, Porzellan, Tapeten, Gewebe, Möbel usw.

2.

Dass das angefochtene FG-Urteil –wie die Beschwerde außerdem geltend macht–

„von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sowie des EuGH abweicht“,

ist weder schlüssig dargelegt noch ersichtlich. Die ordnungsgemäße Erhebung einer Divergenzrüge setzt voraus, dass der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeitet und gegenüberstellt, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Juli 2002 II B 33/01, BFH/NV 2002, 1482, und vom 11. September 2003 X B 103/02, BFH/NV 2004, 180). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Sie wendet sich im Kern lediglich gegen die Tatsachenwürdigung des FG, der zufolge die Zeichnungen des Klägers im Wettbewerb mit anderen standardisierten Tätowiermotiven stehen.

Unser Fazit:

folgt…

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