Buchbände des Bundesgesetzblatts

Ein Tattoo Studio aus Hamburg hat vor dem Amtsgericht Hamburg gegen die GEMA gewonnen. Die GEMA hatte vorher Geld von dem Studio für das Abspielen von Hintergrundmusik im Studio gefordert. Zu Unrecht, meinte der Studiobetreiber und klagte. Die GEMA erkannte diese vor dem Amtsgericht Hamburg an. Das Urteil ist rechtskräftig.

Was ist die GEMA?

Hinter der Abkürzung GEMA verbirgt sich die „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“. Dabei handelt es sich um eine von diversen sogenannten Verwertungsgesellschaften in Deutschland. Die GEMA verwaltet nach eigenen Angaben in Deutschland die Nutzungsrechte aus dem Urheberrecht von über 90.000 Mitgliedern sowie von fast zwei Millionen Rechteinhabern aus aller Welt für Werke der Musik. Möchte jemand z. B. zur Unterhaltung des Publikums bei einer öffentlichen Veranstaltung Musik wiedergeben, muss er sehr wahrscheinlich dafür Geld an die GEMA zahlen. Die meisten professionellen Komponisten, Texter etc. für zeitgenössische Musik in Deutschland melden ihre Werke bei der GEMA an. Die GEMA übernimmt dann das Eintreiben der Vergütung für die öffentliche Wiedergabe dieser Musikstücke.

Was forderte die GEMA warum?

Um die ihr von den Rechteinhabern übertragenen Aufgaben möglichst effizient wahrnehmen zu können, betreibt die GEMA erheblichen Aufwand. So betreibt sie u. a. ein engmaschiges Netz von Außendienstlern. Stellen diese Außendienstler öffentliche Wiedergabe von Musik fest, kontrollieren sie, ob dafür auch an die GEMA gezahlt wird. Im Fall des betroffenen Tattoo Studios meinte ein GEMA-Mitarbeiter, Musik aus dem Studio gehört zu haben. Kurze Zeit später kam per Post ein sogenanntes „Vertragsangebot“ der GEMA. Das Tattoo Studio sollte rund zehn Euro Vergütung pro Monat für Hintergrundmusik zahlen. Das Tattoo Studio nahm das Angebot aber nicht an. Das störte die GEMA jedoch nicht. Sie schickte Rechnungen mit ständig steigenden Beträgen. Als dann auch noch ein Anwaltsschreiben ins Tattoo Studio flatterte, reichte es dem Betreiber. Er beauftragte Rechtsanwalt Lars Rieck von Rieck und Partner Rechtsanwälte mit der Abwehr der seiner Meinung nach unberechtigten Forderungen.

Öffentliche Wiedergabe?

Der Betreiber des Hamburger Tattoo Studios bestreitet, Musik öffentlich wiederzugeben. Urheberrechtler definieren die öffentliche Wiedergabe als „für eine unbekannte Mehrzahl von Personen bestimmt“. Ist der Kreis der die Musik wahrnehmenden Personen aber abgegrenzt und sind sie durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehungen zum Veranstalter persönlich untereinander verbunden (z. B. Firmeninterne Veranstaltungen, Familienfeier), handelt es sich nicht um eine öffentliche Wiedergabe.

Das betroffene Tattoo Studio

Das Tattoo Studio hat einige Besonderheiten, die nicht für jedes Tattoo Studio in Deutschland gelten dürften. Musik oder Podcasts werden auch, wenn überhaupt, von den im Studio beschäftigten Tattoo Artists individuell ausgewählt, um sich, nicht aber die Kundschaft, bei der Arbeit zu unterhalten.

Hilfe von EuGH & BGH dank Zahnärzten

Dank wehrhafter Zahnärzte kommt die Rechtsprechung zur Hilfe. Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) geht es bei der Beurteilung, ob eine öffentliche Nutzung vorliegt, um die Frage, ob die Musik „gegenüber einer unbestimmten Zahl potenzieller Adressaten und recht vielen Personen“ erfolgt (EuGH, Urteil vom 15.03.2012, Az. C-135/10 – Società Consortile Fonografici (SCF) v. Marco Del Corso). Hier hatte sich ein italienischer Zahnarzt vom italienischen Pendant der GEMA verklagen lassen – und gewann, da niemand zum Zahnarzt geht, um dort Musik zu hören. Auch der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hat sich der EuGH-Rechtsprechung angeschlossen (BGH, Urteil vom 18.06.2015 – I ZR 14/14 – GRUR 2016, 278 – Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen).

Rechtliche Beurteilung

Wie in dem EuGH-Fall der italienischen Zahnarztpraxis und in dem BGH-Fall besucht die Kundschaft des Tattoo Studios dessen betriebliche Räume nicht zum Zweck des Genusses von Musik. Rieck & Partner Rechtsanwälte konnte noch eine Vielzahl weiterer Argumente vorbringen, die gegen eine öffentliche Wiedergabe von Musik in den Räumen des Tattoo Studios sprechen.

Das Urteil

Die Argumentation von Rechtsanwalt Lars Rieck war offenbar so überzeugend, dass die GEMA die Klage anerkannte, bevor die GEMA-Anwälte auch nur eine Klageerwiderung abgegeben hatten. Das Amtsgericht Hamburg hat deshalb ausdrücklich keine Entscheidung in der Sache getroffen. Wir halten die Argumentation jedenfalls in Bezug auf dieses Tattoo Studio jedoch für unschlagbar. Außerdem zählt am Ende nur das Ergebnis: Das Hamburger Tattoo Studio muss keinen Cent an die GEMA zahlen.

Ist das Urteil auf dein Studio übertragbar?

Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg ist ergangen, weil die GEMA sich dazu entschlossen hat, nicht zu argumentieren. Aufgrund der oben zitierten Rechtsprechung hat sie offenbar eingesehen, jedenfalls in diesem Fall keine Chance zu haben. Dennoch wird die GEMA aller Wahrscheinlichkeit nach auch in ähnlich gelagerten Fällen weiterhin zunächst Forderungen behaupten. Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg ist wegen der besonderen Gegebenheiten leider nicht automatisch auf alle anderen Tattoo Studios übertragbar. Selbst wenn die Situation in eurem Studio gleich oder ähnlich sein sollte, werdet ihr dies für euren Einzelfall gerichtlich feststellen lassen müssen. Allerdings sind diese Klagen recht preiswert, da es nur um geringe Streitwerte geht, nach denen sich die Verfahrenskosten richten.

GEMA-Rechnung? Wir helfen gerne!

Wenn auch du die Forderungen der GEMA dir gegenüber für ungerechtfertigt hältst, beraten wir dich gerne, prüfen die Gegebenheiten vor Ort sowie die Chancen und Risiken. Wir sagen dir von Anfang an, was unser Tätigwerden kosten kann. Auch führen wir jegliche Tätigkeiten nur in Absprache mit dir durch. Während unser Mandant im vorliegenden Fall aggressiv vorgehen und die GEMA verklagen wollte, möchten andere vielleicht lieber passiv abwarten und sich verklagen lassen. Keine Sorge, wir helfen in beiden Fällen. Selbst, wenn du bereits an die GEMA gezahlt haben solltest, prüfen wir gerne, ob du aus dem Vertrag herauskommen kannst.

Fragen? Gleich anrufen oder mailen!

Rieck und Partner Rechtsanwälte
Tel. +49 (0)40 41167625
info@rieck-partner.de