
Tätowierung + Entzündung + Krankmeldung = kein Lohn mehr? Genau das hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Ende 2024 bestätigt (Az. 2 Sa 278/24). Der Kern: Wer sich freiwillig tätowieren lässt und krank wird, weil sich das Tattoo entzündet, kann seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung verlieren.
Warum ist das so wichtig? Tätowierungen sind für Millionen Menschen Alltag geworden. Viele wissen aber nicht, dass Komplikationen rechtlich Folgen haben können – gerade für Beschäftigte und ihre Studios.
Der Fall: Was ist passiert?
Eine Pflegehilfskraft ließ sich an einem freien Tag den Unterarm tätowieren. Einige Tage später entzündete sich die Stelle, ein Arzt verschrieb Antibiotika, die Frau meldete sich krank. Der Arbeitgeber – ein Pflegedienst – kürzte den Lohn für die Kranktage. Begründung: Die Entzündung war vorhersehbar. Wer sich freiwillig tätowieren lässt, nimmt das Risiko einer Entzündung in Kauf. Deshalb: selbst verschuldet, also kein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (§ 3 EFZG).
Die Arbeitnehmerin klagte – und verlor vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht.
Das Urteil: Das Risiko liegt beim Tätowierten
Die Richter waren eindeutig: Wer sich tätowieren lässt, weiß oder muss wissen, dass sich die Wunde entzünden kann. Diese Komplikation wird mit der Einwilligung in Kauf genommen. Die Entzündung ist also keine unvorhersehbare Krankheit – sondern eine bekannte mögliche Folge. Wer sich bewusst einem Risiko aussetzt, verliert im Zweifel seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung.
Die Richter verwiesen dabei auch auf § 52 SGB V. Auch Krankenkassen dürfen Leistungen verweigern, wenn sich jemand durch eine medizinisch nicht notwendige OP, ein Piercing oder Tattoo eine Krankheit zuzieht.
Tätowieren ist nicht wie Sport
Die Klägerin argumentierte, eine Tätowierung sei wie Sport: Auch beim Sport kann man sich verletzen, der Lohn wird trotzdem gezahlt. Das Gericht widersprach. Beim Sport will man sich nicht verletzen – das Risiko gehört nur indirekt dazu. Bei einer Tätowierung wird der Körper absichtlich verletzt, damit Farbe in die Haut kommt. Die Wunde und mögliche Komplikationen nimmt man in Kauf. Damit ist es rechtlich etwas anderes.
Was heißt das für Tattoo Artists?
Für Tattoo Studios und dich als Tattoo Artist heißt das: Du bist natürlich nicht verantwortlich für die Lohnfortzahlung deiner Kundschaft. Aber du hast eine klare Pflicht: Du musst über typische Risiken wie Entzündungen, Abheilung, Nachsorge und Hygieneregeln aufklären – und zwar verständlich und schriftlich. Sonst kann es sein, dass du dich haftbar machst.
Dokumentation schützt dich
Warum ist das wichtig? Ganz einfach: Wer gut dokumentiert, kann später beweisen, dass du alles erklärt hast. Falls Kundschaft später behauptet, man habe von möglichen Entzündungsrisiken etc. nichts gewusst, stehst du auf der sicheren Seite.
Deine Einwilligungserklärung sollte enthalten:
Genaue Beschreibung, was gemacht wird
Hinweise auf Risiken wie Entzündungen, Allergien oder Narbenbildung
Konkrete Pflegehinweise
Unterschrift des Kunden mit Datum
Viele Studios arbeiten immer noch mit veralteten Formularen. Besser ist es, regelmäßig zu prüfen, ob deine Formulare und Verträge rechtlich noch aktuell sind.
Auch Arbeitgeber sollten Bescheid wissen
Das Urteil ist auch ein Signal für Arbeitgeber: Wer spontan ausfällt, weil sich eine Tätowierung entzündet, muss eventuell selbst dafür geradestehen. Gerade in Branchen wie Pflege, Gastro oder Handwerk, wo Kranktage die Abläufe empfindlich stören, kann das wichtig sein.
Fazit: Tattoos sind Privatsache – aber auch Verantwortung
Für Tattoo Studios und Tattoo Artists heißt das: Klärt ehrlich auf! Gebt klare Pflegeanleitungen mit! Sichert euch mit einer sauberen Dokumentation ab! So schützt ihr euch und euer Unternehmen, falls es Ärger gibt.
Für alle Tattoo-Fans gilt: Denkt daran, eine Entzündung kann nicht nur schmerzhaft sein, sondern auch das Konto belasten, wenn der Arbeitgeber den Lohn einbehält. Sorgfältige Nachsorge ist Pflicht!
Lass dich rechtlich absichern
Du willst wasserdichte Einwilligungen, Aufklärungsbögen oder AGB für dein Tattoo Studio? Ich bin Dr. Lars Rieck – Tattoorecht-Experte, promoviert über Tätowierungen und Urheberrecht und begeisterter Sammler von Tattoos. Ich helfe dir dabei, deine Verträge wasserdicht zu machen – für weniger Stress, weniger Risiko und mehr Sicherheit.
Schreib mir einfach eine Nachricht oder schau auf tattoo-recht.de vorbei.
Speichere diesen Beitrag, teile ihn mit deinem Team und deiner Kundschaft – und bleib rechtlich safe!
Den Volltext des Urteils des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein findest du hier.