Streit um fotorealistisches Tattoo: Überraschendes Urteil im Fall Sedlik gegen Kat von D!

Streit um fotorealistisches Tattoo: Überraschendes Urteil im Fall Sedlik gegen Kat Von D!

Gegenüberstellung Foto und Tattoo

Die Klage des Fotografen Jeffrey Sedlik gegen Tattoo Artist Kat Von D ist ein faszinierender Fall, der sich an der Schnittstelle von Urheberrecht, Kunst und persönlichem Ausdruck befindet. Dieser Artikel zielt darauf ab, die Komplexitäten des Falles zu entwirren und ein klares Verständnis für diejenigen zu bieten, die nicht in juristischem Jargon bewandert sind. Wir werden den rechtlichen Hintergrund erkunden, die Auswirkungen eines präzedenzschaffenden Urteils des U. S. Supreme Court auf das laufende Verfahren, das Urteil des Gerichts in diesem Rechtsstreit und seine breiteren Implikationen.

Rechtlicher Hintergrund

Im Kern dieses Falles steht das Konzept des Urheberrechts, eine Form des Schutzes, den die Gesetze der Vereinigten Staaten den Schöpfern von „originalen Werken der Autorschaft“, einschließlich literarischer, dramatischer, musikalischer, künstlerischer und bestimmter anderer geistiger Werke, bieten. Dieser Schutz gibt dem Urheberrechtsinhaber exklusive Rechte an seinem Werk, mit einigen Ausnahmen. Eine entscheidende Ausnahme ist die Doktrin der „fairen Nutzung“ (Fair Use), die eine begrenzte Verwendung von urheberrechtlich geschütztem Material ohne Erlaubnis für Zwecke wie Kritik, Kommentar, Nachrichtenberichterstattung, Lehre oder Forschung erlaubt. Wer überhaupt das Urheberrecht an Tattoos hat, hatten wir hier schon einmal beleuchtet.

Der Fall im Detail

Jeffrey Sedlik, ein bekannter Fotograf, reichte eine Klage gegen Kat Von D, eine renommierte Tätowiererin, ein und warf ihr Urheberrechtsverletzung vor. Sedlik behauptete, Von D habe ein Foto, das er gemacht hatte, ohne Erlaubnis in einem fotorealistischen Tattoo reproduziert. Das fragliche Foto war ein weltberühmtes von Jazzlegende Miles Davis, und Sedlik hielt das Urheberrecht an diesem Bild. Von Ds Reproduktion des Fotos als fotorealistisches Tattoo warf Fragen über die Grenzen des Urheberrechts und der fairen Nutzung auf, insbesondere im Kontext der Tätowierkunst, die eine Form des persönlichen Ausdrucks und der bildenden Kunst ist.

Auswirkungen des Urteils des U. S. Supreme Court in Sachen Andy Warhol Foundation v. Goldsmith

Bevor wir auf das Urteil von Sedlik gegen Von D eingehen, ist es entscheidend, die Bedeutung eines verwandten Falles des U. S: Supreme Court zu verstehen. Der Fall der Andy Warhol Foundation gegen die Fotografin Lynn Goldsmith drehte sich um ähnliche Fragen der Urheberrechtsverletzung und fairen Nutzung, insbesondere im Bereich der transformativen Werke. Das Urteil des U. S. Supreme Court in diesem Fall setzte einen Präzedenzfall, der das Verfahren des Falles Sedlik gegen Von D erheblich beeinflusste. Es hob die Bedeutung hervor, ob ein Werk neuer Ausdruck, Bedeutung oder Botschaft zum Original hinzufügt und es damit transformiert und potenziell für den Schutz der fairen Nutzung qualifiziert.

Urteil in Sachen Sedlik vs. Von D

Im Fall Sedlik vs. Von D musste das Gericht prüfen, ob die Reproduktion des urheberrechtlich geschützten Fotos als fotorealistisches Tattoo durch die Tätowiererin eine Verletzung darstellte oder als transformative faire Nutzung betrachtet werden konnte. Unter Berücksichtigung der in Andy Warhol Foundation v. Goldsmith festgelegten Prinzipien untersuchte das Gericht die Natur des Tattoos, ihren Zweck und ihren Kontext.

Überraschende Klagabweisung

Das klagabweisende Urteil unterstrich die Nuancen des Urheberrechts, wenn es auf das einzigartige Medium der Tätowierkunst angewendet wird. Es berücksichtigte die Rolle von Tattoos sowohl als persönlicher Ausdruck für die Person, die sie erhält, als auch als Kunstwerk, das von einem Tattoo Artist geschaffen wurde. Hier liegt der Fehler des Urteils begraben. Denn im vorliegenden Fall handelt die Tätowiererin mindestens hauptsächlich rein nachschaffend, in dem Sie das Foto möglichst identisch in die Haut der Trägerperson kopiert. Identität ist ideales Ziel des Tattoos. Es ist damit gerade kein persönlicher Ausdruck der Schaffenskraft der Tätowierer bzw. ihrer individuellen Persönlichkeit und Formensprache.

Begründung: Fehlanzeige

Dennoch kam die achtköpfige Jury im vorliegenden Fall nach nur 2 Stunden Beratungszeit zu dem überraschenden Ergebnis, das keine Urheberrechtsverletzung vorliege. Es handelt sich noch nicht einmal um eine faire Verwendung im Rahmen des „Fair Use“. Das Tattoo sei dem Foto nach Meinung der Jury nicht „im Wesentlichen ähnlich“. Die Verwendung in Social Media-Post durch von D wiederum stelle „Fair Use“ dar.

Da die Jury ihr Urteil nicht näher begründete, kann nur gerätselt werden, was sie zu diesem Urteil kommen ließ. Prozessbeobachter spekulieren zum Beispiel, dass die Jury das Ausgangsfoto schon für nicht besonders schutzwürdig angesehen habe, da es im Wesentlichen aus dem Antlitz von Miles Davis bestehe. Möglicherweise entschied die Jury aber auch einfach zielorientiert, um weiterhin fotorealistisches Tätowieren zu ermöglichen.

Konsequenzen und Implikationen

Die Entscheidung des Gerichts in diesem Fall hat weitreichende Implikationen für  Fotografen, Tattoo Artists und andere Künstler bzw. Schöpfer in verschiedenen Medien. Es trägt mangels Begründung jedoch nicht wirklich dazu bei, die Grenzen der Urheberrechtsverletzung und der fairen Nutzung klarer zu erkennen, insbesondere im Kontext der Reproduktion urheberrechtlich geschützter Werke in neuen Formen, wie Tätowierungen. Für Urheberrechtsinhaber dient es als Weckruf, was an transformativer Kunst mit ihren Werken möglich ist, und hebt die rechtlichen Zulässigkeiten für transformative Nutzungen unter der Doktrin der fairen Nutzung hervor.

Für die Tattoobranche und andere Formen künstlerischen Ausdrucks, die möglicherweise die Reproduktion urheberrechtlich geschützter Materialien beinhalten, bietet das Urteil eine Orientierungshilfe, wie das Urheberrecht auf ihre Arbeit anzuwenden ist. Es betont die Bedeutung, die transformative Natur der Arbeit und ihren Zweck zu berücksichtigen, um zu bestimmen, ob sie unter die faire Nutzung fällt.

Schlussfolgerung

Der Rechtsstreit zwischen Jeffrey Sedlik und Kat Von D ist mehr als nur ein juristischer Kampf; es ist ein Dialog über die Schnittstelle von Urheberrecht, Kunst und persönlichem Ausdruck. Der Fall, beeinflusst von präzedenzschaffenden Entscheidungen des U. S: Supreme Court, beleuchtet die Komplexitäten der Urheberrechtsverletzung und fairen Nutzung. Da das Urheberrecht mit der sich wandelnden Landschaft von Kunst und Technologie weiterentwickelt, spielen Fälle wie dieser eine entscheidende Rolle bei der Definition der Grenzen kreativen Ausdrucks und rechtlichen Schutzes. Angesichts der Schwächen des begründungslosen Urteils ist zu wünschen, dass Rechtsmittel eingelegt werden, um eine fundierte Entscheidung eines höheren Gerichts zu provozieren.

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