Tattoofarben: Sind einige Farbpigmente bald verboten?

Die European Chemicals Agency (ECHA) könnte in Kürze einige Farbpigmente verbieten lassen. Für Tattoofarben sind diese Farbpigmente alternativlos. 2/3 aller Farben für Tattoos wären dann illegal – ohne jede Übergangsfrist! Warum machen die das? Bislang gibt es keinerlei Anhaltspunkte für Gesundheitsgefahren o.ä. Und: Wie kann man das noch aufhalten? Wir erklären das im Folgenden.

Tattoofarben-Bild

Du möchtest ein buntes Tattoo, womöglich mit den Tattoofarben Blau, Grün oder Lila? Damit könnte es bald vorbei sein. Warum? Die ECHA plant ein EU-weites Verbot der Farbpigmente 74160 (Pigment Blue15) & 74260 (Pigment Green7). Diese Farbpigmente sind aber Stand heute für die weltweite Tattooszene nicht zu ersetzen. Neben ihrer Verwendung als Farbpigment für Grundfarben stellen sie auch wichtige Mischfarben für andere Schattierungen von Tattoofarben dar.

Warum das Tattoofarben-Verbot?

In der schnell wachsenden deutschen Tattoobranche gibt es kaum Vorschriften. Was man sich im „Regel-Land“ Deutschland sonst kaum vorstellen kann, ist bei Tattoos wahr. So gibt es z. B. keinerlei Ausbildungsregeln für Tätowierer. Jeder könnte sich ab morgen „Tätowierer“ nennen & loslegen – Gewerbeschein, Starter-Set aus dem Internet & etwas Hygiene vorausgesetzt. Denn die Hygienevorschriften sind, neben der Gewerbeordnung, nahezu die einzigen Vorschriften, die Tätowierer beachten müssen.

Gesetzgeberischer Aktionismus?

Seit 2008 gibt es dazu noch die sogenannte Tätowiermittel-Verordnung (TätoV). Als Verordnung steht die TätoV im Rang unter einem Gesetz. Sie regelt, grob zusammengefasst, welche Farben bzw. Farbpigmente bei der Herstellung von Tattoofarben in Deutschland benutzt werden dürfen. Genauer gesagt regelt sie, welche Stoffe NICHT benutzt werden dürfen. Sie ist also eine Art Negativ-Liste. Damit regelt sie aber auch, welche Tattoofarben bzw. Farbpigmente in Deutschland gestochen, also in menschliche Haut eingebracht werden dürfen. Außerdem regelt die TätoV auch z.B., wie Tattoofarben in Deutschland etikettiert & bezeichnet werden müssen. Ein Verstoß kann gem. § 5 TätoV als Ordnungswidrigkeit oder sogar als Straftat verfolgt werden.

Und wo ist jetzt das Problem?

Leider ist die Negativliste der TätoV mit der Negativliste der sogenannten Kosmetik-Verordnung (KosmetikV) verbunden. Dort sind z. B. Farben bzw. Farbpigmente geregelt, die negative Auswirkungen z. B. bei der Verwendung in Kosmetikartikeln oder Haarfärbemitteln haben sollen. Aber Achtung: Negative Auswirkung ist nicht gleichbedeutend mit einer Gesundheitsgefahr o.ä.! Als „negative Auswirkung“ im Sinne der KosmetikV kann auch gelten, dass z. B. ein Farbpigment in einem Haarfärbemittel die Kopfhaut des Kunden & die Finger von Friseuren einfärbt.

Problemzone Kopfhaut?!

Was in der Tattoobranche gerade als Erfolg gelten würde, ist bei Friseuren ungewolltes Kassengift. Weil also z. B. Haarfärbemittel nicht die Kopfhaut der Kunden mitfärben sollen, will die ECHA die dafür besonders „berüchtigten“ Farbpigmente 74160 (Pigment Blue15) & 74260 (Pigment Green7) komplett verbieten. Dabei schüttet sie, jedenfalls für Tattoofarben, quasi das Kind mit dem Bade aus. Es droht eine eigentlich nicht erforderliche Überregulation. Die ernsten Konsequenzen für die Tattoobranche (z. B. schlimmstenfalls Wegfall von 2/3 aller bislang verwendeten Farben) wurden bei der ECHA offensichtlich nicht bedacht – oder sie sind den Verantwortlichen schlicht egal.

Konsequenz eines Verbots?

Die Farbpigmente 74160 (Pigment Blue15) & 74260 (Pigment Green7) gehören zu den unproblematischsten & haltbarsten in der menschlichen Haut. Allergische Reaktionen sind nicht bekannt. Darüber hinaus werden diese beiden Pigmente auch zum Anmischen vieler weiterer Farbschattierungen wie Lila etc. benötigt. Ein Verbot der beiden Pigmente könnte also schlimmstenfalls zu einem Wegfall von ca. 2/3 bzw. rund 66 % der derzeit benutzten Farben führen – ohne jeden nachgewiesenen medizinischen Bedarf, ohne jede wissenschaftlich nachgewiesene Gesundheitsgefahr!

Studien? Nicht vorhanden.

Das Problem: Medizinische Studien oder gar Langzeitstudien über die Unbedenklichkeit bestimmter Farbpigmente auf bzw. in der menschlichen Haut sind kaum bzw. nicht vorhanden. Die Kosmetikindustrie & die Farbpigmente herstellende Chemische Industrie haben offenbar kein großes Interesse, solche Studien zu finanzieren. Auch gibt es für die pigment-herstellende Industrie ofensichtlich wichtigere Branchen bzw. Abnehmer wie z. B. die Kraftfahrzeug- & Spielzeugindustrie. Dort sind die Anforderungen an die Reinheit der Pigmente aber nicht so hoch wie für die Tattoobranche. Kein Wunder, werden die Pigmente doch nur in der Tattoobranche in menschliche Haut eingebracht. Damit bleibt die im Vergleich zu anderen Abnehmern von Farbpigmenten eher kleine, dafür aber viel härter betroffene Tattoobranche sich selbst überlassen – & muss jetzt handeln! Übrigens: Beim „Tattoogipfel 2019“ in Berlin sprachen Vertreter der Krankenkassen von „einem vernachlässigbaren Bereich“ an Kosten (ca. 250.000 €/Jahr), der ihnen im Umfeld von Tattoos entstanden sei. Diese Kosten waren zudem meist nicht durch Tattoos bzw. Tattoofarben selbst, sondern durch fehlerhafte Piercings & Implantate (90% der Kosten!) entstanden – bei schätzungsweise 16 Mio. tätowierten Deutschen sind Erkrankungen durch bzw. Behandlungen wegen Tattoos also vernachlässigbar.

Kann man „andere“ Farbpigmente nehmen?

Nicht jedes Pigment ist für den Einsatz in Tattoos geeignet. So benötigt die Tattoobranche hochwertige Pigmente, die den gesamten Farbraum abdecken können. Auch müssen die Tattoofarben hohe Lichtechtheit besitzen. Schließlich müssen sie stabil gegen Abbau, also den Verlust der Farbe sein. Außerdem muss stets die Reinheit der Pigmente beachtet werden. Bei manchen Herstellungsprozessen kommt es zu kritischen Verunreinigungen der Pigmente. Bei anderen Pigmenten ist die Stabilität ungenügend oder sie haben kritische Abbauprodukte. Neue Pigmente können auch nicht schnell über Nacht auf den Markt geworfen und verwendet werden. Sie müssten vorab erst intensiv auf Verträglichkeit für den menschlichen Körper geprüft werden. Wie bereits oben geschildert, wird aber nicht damit zu rechnen sein, dass die pigmentherstellenden Industrie solche Gutachten finanziert. Auch würde dies Jahre dauern.

Mir doch egal - ich bestell´ das im Internet!

Viele Tattoo Artist könnten versucht sein, die bald womöglich offiziell illegalen Farben selbst herstellen zu lassen bzw. von außerhalb der EU zu bestellen. Doch Achtung: Gemäß § 2 TätoV gelten sie dann persönlich als Hersteller bzw. Importeur. Damit droht dem Studio-Betreiber bzw. Tattoo Artist als Besteller bei Zuwiderhandlungen z. B. gegen ein Verbot der Verwendung eines Farbpigments zur Herstellung von Tattoofarben ein Strafverfahren!

Was kann man jetzt noch gegen ein Verbot tun?

Statt Negativlisten mit Verboten brauchen wir eine Positivliste mit unbedenklichen Farbpigmenten! Du kannst JETZT aktiv werden und vom 15. Januar bis zum 15. Februar 2020 die Petition von Tattoofarben.info gegen das Verbot unterzeichnen. Unterzeichnen mindestens 50.000 Menschen diese Petition, steigen die Chancen, dass sich der Bundestag damit befasst & noch rechtzeitig die Notbremse zieht.

Jetzt unterschreiben & Tattoofarben retten!

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